Sonntag, 21. September 2008

RW: Retrogarde und progressive Kalkulation: Nachhilfestunde "Prozentrechnung"

Progressive Kalkulation erschließt sich womöglich eher: Auf bspw. einen Nettobetrag N soll 19% Mehrwertsteuer aufgeschlagen werden. Z.B. Dell und Promarkt sind bekannt, das dem Kunden gerne vorzurechnen, indem sie zwei Preise angeben (Bruttopreis inkl. MWSt und Nettopreis ohne MWSt). Der Bruttopreis (der höhere) ist der Preis, den man denen auf den Tisch legen soll (oder eher überweisen). Das wollen Dell und ProMarkt im Zahlungseingang sehen, sonst geht die Ware nicht raus. Einbehalten dürfen sie aber nur den kleineren Nettobetrag, der Rest (Bruttopreis - Nettopreis) geht an den Staat - könnte sonst Ärger geben, wenn der Kunde Steuern sparen will...

Für mich als Privatmensch ist eigentlich beim Einkauf nur der Bruttobetrag interessant, denn der verschwindet von meinem Konto wenn ich das kaufe.
Dass ProMarkt auch die Nettopreise in ihren Prospekten hat, macht es für Geschäftsleute komfortabel.

Angenommen uns wird nur der Nettobetrag genannt:
Da wir Käufer aber die MWSt bezahlen müssen, gehen wir (teil)progressiv vor
Bruttopreis = Nettopreis * [119% oder 1,19]
Bedeutet also folgendes: Der Nettopreis ist 100%, der Bruttopreis soll 119% sein. Anm.: Das Gleiche kommt raus, wenn man 19% des Nettopreises auf den Nettobetrag addiert.

Andersherum geht das so allerdings nicht. Das hat folgenden Grund:
Will man vom Bruttopreis auf den Nettopreis schließen, dann gilt:
Der Bruttopreis ist 119%, der Nettopreis soll 100% sein. 19% vom Bruttopreis hieße also 19/119 und nicht - wie wir vom Nettopreis erwarten würden 19/100.
Besser also man rechnet retrogard, d.h.
Nettopreis = Bruttopreis / [119% oder 1,19]
Bitte jedoch nicht sowas wie
Bruttopreis - [Bruttopreis*19%], denn das wäre falsch. Denn der Bruttopreis ist anzunehen als 119% und nicht als 100%; DA IST DIE MEHRWERTSTEUER i.H.v. 19% ALSO SCHON MIT DRIN. (Hoffe das war deutlich...) Dies gilt grundsätzlich wenn wir runterrechnen wollen, wieviel da schon drin sind. Wenn wir aufrechnen wollen, wie von Nettobeträgen auf Bruttobeträge, gehen wir von 100% aus.

Beispiel1: Klaus möchte ein LC-Display kaufen. Im Shop steht nur der Preis 2300€ ohne MWSt. Wie viel muss er vorraussichtlich überweisen?
2300€ entsprechen 100% wieviele €uros sind dann 19% MWSt? Versuchen wir es mit dem
Dreisatz: Wieviele € sind 1% von 2300€?
Rechung: 2300/100=23, 23€ entsprechen 1%
Wir wollen aber wissen, was 19% ist, also multiplizieren wir mit 19:
23*19= 437, das Finanzamt freut sich also über 437€... Dieser Betrag käme zu den 2300€ netto dazu. Aber warum kompliziert? Etwas mit 1 multiplizieren ergibt den Ausgangswert. 19% heißt 19/100; das Komma von 19,0 um zwei Stellen verschieben und so wird daraus der Faktor 0,19.
Mehrwertsteuer ließe sich also auch rechnen als 2300€*0,19.
"sich selbst" definieren wir mal als 1 (heißt zunächst keine Veränderung bei Punktrechnung).
Vergrößern wir den Einheitsfaktor mal um den eben ermittelten Faktor 0,19
(Rechnung: 1,00 + 0,19) sodass wir den Faktor 1,19 erhalten.
Nun wird klar, dass wir am besten einfach 2300€*1,19 rechnen müssen, um den Betrag zu berechnen, den der Monitor Klaus insgesamt kosten würde.

Variante: Dass das ganze "andersrum" natürlich auch möglich sein muss, zeigt sich hier:
In einem einem anderen Shop wird Klaus ein ähnlicher Bildschirm vorgestellt, genannt wird ihm aber nur der Bruttopreis i.H.v. 2700€. "Der's ja noch teurer" Hat er Recht? Rechnen wir mal runter:
Das Gegengift zum Multiplizieren ist das Dividieren. Dividieren wir mal durch den obigen Faktor, also
2700€/1,19 = 2268 € netto - hat sich Klaus hier wohl getäuscht, zumindest netto ist der günstiger als der erste.
Zum Vergleich rechnen wir jetzt mal multiplikatorisch aus, was der andere brutto kosten würde:
2300*1,19 = 2737€, also um 37€ teuerer für Klaus als der zweite. Jetzt haben wir von beiden sowohl die Netto- als auch die Bruttopreise berechnet.

Aber was hätte der Staat davon? Wie ist die MWSt. vom 2700€-Monitor? Man könnte jetzt Subtraktion anwenden, wollen wir aber hier nicht.
Rechnung Dreisatz: Wenn 2700€ 119% ist, wieviel ist dann 19%? Erstmal also auf 1% runterrechnen: 2700/119 entspricht 1% (das rechnet der Taschenrechner) und dann multiplizieren wir diesen Wert mit 19 und erhalten 431,092...
So, jetzt kommt der Interessenkonflikt: Soll er das teurere Display kaufen, um mehr von der Steuer abzusetzen oder soll er weniger ausgeben, da er möglicherweise befürchten muss, dass das Finanzamt das in seiner Steuererklärung nicht anerkennt - weil er bspw. schon 521 (!) Monitore hat.......? ;-)

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